Recht für Fanfiction-Autoren

      1 Kommentar zu Recht für Fanfiction-Autoren

Bei Gesprächen mit Leuten aus dem Fanfiction Umfeld ist mir leider immer wieder aufgefallen, dass über grundlegende Rechtsfragen zum Thema weitgehende Ahnungslosigkeit herrscht. Gefährlich. Denn Texte veröffentlichen im Internet ist allgemein ein rechtliches Minenfeld. Und Fanfiction schreiben noch viel mehr. Deswegen meine Reihe mit rechtlichen Sachen, die man als Fanfiction-Autor wissen muss.

[Der Autor dieses Posts ist kein Anwalt und darf daher in Deutschland keine Rechtsberatung erteilen. Die folgenden Inhalte dienen der Information, sind aber keine konkreten Anweisungen]

Ich muss mit einer traurigen Nachricht anfangen. Für alle die es nicht wissen: Fanfiction sind grundsätzlich illegal. Ja ihr habt richtig gehört. Eure Geschichten über Harry Potter, Herr der Ringe, Star Wars, Batman und Naruto dürft ihr eigentlich gar nicht schreiben. Warum das so ist? Ich fange mal der Reihe nach an…

Das Urheberrecht

Recht photo

In Deutschland sind Kunstwerke grundsätzlich durch das „Urheberrecht“ geschützt. Das Urheberrecht liegt (wer hätte das gedacht) beim Urheber, also dem Autoren eines Buchs, dem Maler eines Bildes, dem Komponisten eines Musikstücks usw. Der Urheber hat das Recht zu bestimmen, was mit seinem Werk passiert und vor allem, ob und wo es veröffentlicht werden darf. Das hat der Gesetzgeber so eingerichtet, damit Künstler mit ihrer Arbeit auch ein bisschen Geld verdienen. Denn damit Künstler ihr Einverständnis zur Veröffentlichung geben, müssen Buch-Verlage, Radiosender oder Kunst-Museen Geld an sie berappen.

Ab wann gilt aber etwas überhaupt als „Werk“ und ist urheberrechtlich geschützt? Nach §2 des Urheberrechtsgesetz gilt: „Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen.“ Mittlerweile gilt etwas als „Werk“ wenn es folgende Kriterien erfüllt: 1. Es ist von einem Menschen geschaffen worden. 2. Es muss in irgendeiner Weise wahrnehmbar sein. 3. Es muss einen gewissen Gehalt haben und seine Zuschauer zum Nachdenken oder Nachfühlen anregen. 4. Es muss eine „Eigenpersönliche Prägung“ haben, das heißt es muss irgendwie Ausdruck eurer persönlichen Kreativität sein.

Die Kriterien findet ihr ziemlich schwammig? Sind sie auch. Gerichte sind immer eine ganze Weile beschäftigt, um im konkreten Einzelfall zu entscheiden, wann ein Kunstwerk noch „Kleine Münze“ (gerade noch urheberrechtlich geschützt) oder unterhalb der „Schöpfungshöhe“ ist.

Fanfiction und Urheberrecht

Was bedeutet das jetzt konkret für Fanfiction? Wenn wir eine Geschichte über Luke Skywalker und Han Solo schreiben, dann verwenden wir doch nichts vom Filmmaterial aus Star Wars. Insofern veröffentlichen wir doch auch kein Kunstwerk, ohne den Urheber zu fragen.

Pippi langstrumpf photo

Photo by zugaldia

Das tun wir leider doch. Denn von Werken ist nicht etwa nur die genaue Form geschützt (etwa der Wortlaut eines Romans oder die Szenenfolge eines Films) sondern auch Plotideen, Handlungsverläufe, Namen, Welten und Figuren. 2013 entschied der Bundesgerichtshof zum Beispiel, dass die Figur der Pippi Lanstrumpf grundsätzlich urheberrechtlich geschützt sei, und die Figur nicht ohne Zustimmung von Astrid Lindgrens Familie verwendet werden dürfe.

Und für Schlaumeier: Es nützt auch nichts, eine Geschichte über „Harald Potti“, „Look Skytalker“ oder „Aragun“ zu schreiben. Sofern die Figuren erkennbar bekannten Vorbildern nachempfunden sind, heben auch kleine Änderungen nichts.

Fanfiction und Kommerz

money photoHalt! Werden viele von euch jetzt sagen. Die Regeln des Urheberrechts sind also ursprünglich geschaffen worden, damit Künstler fair für ihre Arbeit bezahlt werden. Niemand soll mit ihren Werken Geld machen können, ohne sie daran zu beteiligen. Aber mit meiner Fanfiction will ich doch überhaupt kein Geld machen. Ich will sie nur im Internet veröffentlichen, damit meine Freunde und einige andere Star Wars oder Harry Potter Fans sie lesen können.

Das ist richtig. Leider spielt das keine Rolle. Für das Urheberrecht ist eine Veröffentlichung eine Veröffentlichung. Egal, ob ihr eure Geschichte nur in einem Foren-Thread postet oder sie in der Zeitung druckt. Der Urheber eines „Werks“ muss immer zustimmen, wenn ihr seine „Werke“ veröffentlicht. Und das heißt nun einmal: Wenn seine Figuren in eurer Geschichte vorkommen, dann müsstet ihr ihn eigentlich Fragen, bevor ihr sie veröffentlicht.

Und bevor jemand fragt: Es hilft auch nichts einen Disclaimer im Profil oder vor der Geschichte selbst zu posten, in dem ihr den Urheber der Vorlage benennt. Der Urheber ist der Urheber, ob ihr ihn benennt oder nicht. Auch wenn er bei Portalen wie Myfanfiction.de sogar obligatorisch abzuhaken ist, bevor man die Geschichte veröffentlichen kann: Ein Disclaimer ändert nichts daran, dass der Urheber der Vorlage eurer Fanfiction eigentlich zustimmen müsste, damit sie veröffentlicht werden darf. Im Gegenteil könnte ein Disclaimer vor Gericht als Schuldeingeständnis gewertet werden.

Warum gibt es dann überhaupt Fanfiction?

Joanne K. Rowling hat also die alleinigen Rechte an Harry Potter. Sie könnte jeden Autor einer Harry Potter Fanfiction verklagen, oder (was viel praktikabler und deswegen noch schlimmer ist) auch abmahnen. Warum gibt es dann überhaupt noch Fanfiction? Ganz einfach. Nur weil Joanne K. Rowling das rechtlich darf, heißt das noch lange nicht, dass sie es auch tut. Die meisten Autoren gehen aus einem der folgenden Gründe nicht juristisch gegen Fanfictions.

Jk-rowling-crop“ von Sjhill. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons.

Jk-rowling-crop“ von Sjhill. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons.

  1. Sie wollen es nicht. Sie mögen Fanfiction und Fanart und sind geschmeichelt, dass andere ihre Figuren, Plots und Welten für eigene Arbeiten verwenden wollen. (Zu der Kategorie gehört Joanne K. Rowling. Sie hat in einem Interview einmal erklärt, dass sie Fanfictions sehr schätzt.)
  2. Sie kennen sie nicht. Sie wissen entweder gar nicht, dass so etwas wie Fanfiction existiert oder haben keinen Überblick darüber, wie viele Fanfiction zu ihrer Geschichte eigentlich existieren. Und es ist ihnen auch egal.
  3. Sie halten es für keine gute Idee. Wenn Autoren gegen Fanfiction Autoren vorgehen, gibt das schlechte Presse. Wenn ein Autor eine Fanfiction sperren lassen würde, würde das ganze Fandom am Rad drehen. Der Autor würde sich genau bei denen unbeliebt machen, auf deren Unterstützung er angewiesen ist: Bei den eigenen Fans.

Es gibt aber auch die anderen Kandidaten. Game of Thrones Autor G. R. R. Martin ist ein bekannter Feind von Fanfiction. Er hält es für essentiell die Urheberrechte an seinen Figuren zu verteidigen und dass niemand außer ihm seine Figuren verwenden zu lassen. In einem Blog-Artikel warnt er davor, dass durch Fanfiction Autoren Geld verlieren und auf lange Sicht kein Auskommen mehr finden könnten. Martins eigenes Vermögen wird auf 50 Millionen Dollar geschätzt.

Das rechtliche Risiko

Zusammengefasst: Wer eine Fanfiction schreibt, verletzt zwar das Urheberrecht des Autors der Vorlage. (Mit einigen Ausnahmen, auf die ich in einem späteren Post eingehe) Die Gefahr, tatsächlich rechtliche Konsequenzen zu erleiden, ist gegeben, aber nicht sehr groß.

Den meisten Fanfiction-Autoren fehlt davon jedoch jede Kenntnis. Das ist sehr gravierend. Denn im Ernstfall haftet nicht etwa die Fanfiction-Plattform sondern der Autor selbst. Nach deutschem Internet Recht (Telemediengesetz §10) haftet der Betreiber einer Plattform, eines Forums oder eines Sozialen Netzwerks nämlich generell nicht für rechtswidrige Inhalte, die seine User veröffentlicht haben. Nur wenn er auf den Rechtsverstoß hingewiesen wurde und ihn trotzdem nicht behoben hat, ist es sein Fehler. Wenn nicht haftet der Autor selbst für alle Beleidigungen, Volksverhetzungen, Jugendschutzverletzungen, Marken- und Wettbewerbsrechtsverletzungen, Persönlichkeitsverletzungen und eben Urheberrechtsverletzungen. (Ja. All diese Gesetze kann man tatsächlich brechen, nur indem man einen Text in ein Forum postet).

Die Fanfiction-Portale verweisen darauf auch klar in ihren AGBs (die liest natürlich niemand)

Fanfiktion.de AGB

5. VERANTWORTUNG DER AUTOREN/POSTER

Sämtliche auf FanFiktion von Nutzern bereitgestellten Inhalte unterliegen der alleinigen und vollständigen Verantwortung des Nutzers, der es auf der Seite eingestellt hat. […]

Es geht weiter…

Das waren mal die wichtigsten Grundlagen zum Urheberrecht. In den nächsten Wochen werde ich noch ein paar weitere Themen erläutern: Welche Ausnahmen vom Urheberrecht gibt es? Welche anderen Gesetze könnten für eine Fanfiction noch relevant sein? (Jugendschutz, Wettbewerbsrecht, Volksverhetzung etc.) Was für Rechte habe ich eigentlich an meiner eigenen Geschichte und verletze ich das Urheberrecht anderer Fanfiction-Autoren, wenn ich mich durch deren Geschichten inspirieren lasse? Was muss ich beachten, wenn ich über lebende Personen (zum Beispiel Youtuber, Fußballer oder Musiker) Fanfictions schreibe? Was muss ich beachten, wenn ich Bilder zu meiner Fanfiction hinzufügen möchte? (Damit mache ich ein Riesenfass auf)

Ansonsten könnt ihr in den Kommentaren gerne generelle Fragen stellen. Ich habe ein bisschen Erfahrung. Als Journalist hat man mit Rechtsfragen zu Texten und Bildern halt ständig zu tun. Fragen Marke „Bei meiner Fanfiction ist das so und so, glaubst du, die ist rechtlich in Ordnung?“ darf ich aber leider nicht beantworten. Individuelle Rechtsberatung darf in Deutschland nur von einem Anwalt erteilt werden.

EDIT: Ich musste die Kommentare leider deaktivieren. Gerade unter diesem Artikel gibt es eine so massive Flut von Spam-Kommentaren mit Links zu Porno- und Viagraseiten, die meine Antispam-Maßnahmen aus irgendeinem Grund nicht in den Griff kriegen. Fragen Rückmeldungen etc. deswegen bitte ab jetzt bei Facebook, Twitter oder per E-Mail.

1 thought on “Recht für Fanfiction-Autoren

  1. Annika Bühnemann

    Juhu, endlich mal ein guter Beitrag! Vielen Dank für die Aufklärung. Als Autorin muss ich auch immer wieder staunen, dass Leute ungefragt Figuren für ihre eigenen Geschichten entwenden und nichtmal darüber nachdenken, dass das ein Verstoß gegen das Urheberrecht sein könnte. Ich liebe FanFictions sehr und finde es toll, mit welcher kreativen Energie die Schreiberlinge dort vorgehen, aber zumindest sollte man doch immer wissen, dass man das eigentlich nicht darf, wenn man nicht gerade die Einwilligung des Autors hat.
    Ich plädiere dafür, sich einfach selbst Figuren und Geschichten auszudenken 🙂

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