Troll-Angriffe, Abmahnungen von Carolin Kebekus, Format-Experimente und ein neuer Youtube-Kanal. Viel ist dieses Jahr auf Utopian Reflections passiert. Zeit für einen Rückblick…
Viel ist passiert auf Utopian Reflections in diesem Jahr. Und wie das auf Blog nun einmal üblich ist, will ich zum Jahresabschluss einmal zurück blicken. Von Trollangriffen, über Abmahnungen und grundlegende Änderungen im Urheberrecht zu ganz persönlichen Erfahrungen, Treffen und neuen Kontakten. Das Leben eines Bloggers ist schon aufregend und man lernt wöchentlich sehr viel neues dazu. Nun aber ohne Weitere Ankündigung: Meine größten Aufreger, Erfolgserlebnisse und Veränderungen 2015 hier auf Utopian Reflections.
Angriff der Putintrolle
Das mit Abstand aufregendste Erlebnis dieses Jahr, war mit Sicherheit die Angriffe von Putintrollen auf meinen Blog. Im März (hier) und im April (hier) hatte ich hier im Blog über Putins Propaganda-Maschine aus der Trollfabrik in St. Petersburg berichtet. Dort arbeiten wohl tausende Propaganda-Trolle der russischen Regierung, und spammen westliche Nachrichtenseiten mit Pro-russischen Kommentaren zu. Am 21. Juni fielen mir plötzlich Unregelmäßigkeiten in den Sicherheits-Logfiles auf. Mehrere Bruteforce Attacken waren von ost-ukrainischen und russischen IPs aus auf Utopian reflections ausgeführt worden. Das Putintrolle gegen ausländische und kritische Medien vorgehen war natürlich schon lange bekannt. Doch es ist etwas anderes auf einmal persönlich betroffen zu sein. Auch beweist dieser Vorfall: In der Medien-Landschaft gibt es keine Kleinen mehr. Jedes Medium, und sei es nur ein kleiner Blog kann gefährlich werden und wird damit auch zum potentiellen Angriffsziel größerer Regime.
Abmahnung von Carolin Kebekus
Ein zweiter großer persönlicher Aufreger kam für mich im Oktober, als die bekannte Komikerin Carolin Kebekus eine Freundin von mir auf eine Summe von 25.000 Euro abmahnen wollte. Die junge Journalistin hatte in einer ihrer ersten Presseveröffentlichungen eine harmlose Spekulation über Kebekus angebliche Affäre mit Serdar Somuncu gemacht. (Originaltext hier) In ihrer Reaktion ließ Kebekus erkennen, dass sie privat wohl gar nicht so cool, hip und gelassen auf Kritik reagiert wie auf der Bühne. Die Abmahnung ist ein dreister Angriff auf die Pressefreiheit, mit einer bestenfalls fragwürdigen juristischen Argumentation. Er zeigt jedoch wie schwer es Journalisten (auch kleiner Medien) heute haben, Geschichten zu veröffentlichen und wie ihnen selbst für harmlose Veröffentlichungen Knüppel zwischen die Beine geworfen werden. Der Fall ist noch nicht entschieden. Ich halte meine Leser aber hier bei utopian reflections darüber auf dem laufenden.
Ein neuer Youtube Kanal
Sehr aufregend für mich war natürlich mein erstes Youtube-Videos. Am 26. September ging es online und wurde bisher bereits mehr als 1.000 mal geklickt. Die Produktion war für mich in mehrerer Hinsicht sehr überraschend und lehrreich. Zum einen hätte ich nicht gedacht was für ein relativ gutes technisches Ergebnis man mit Freeware-Software und einem einfachen Headset-Mikrofon erreichen kann. Zum anderen ist mir zu Bewusstsein gekommen wie mühsam die Urheberrechts-Verwaltung für das Material in solchen Videos ist. Die Recherche und Einholung der Rechte an allen Bildern im Video hat mich buchstäblich mehr als 3/4 der Produktionszeit gekostet. Mit der Zeit wird man aber sehr viel findiger was Bildquellen und Gesetzeslücken angeht.
Mit meinen ersten 1.000 Klicks bin ich hoch zufrieden. Im nächsten Jahr werde ich technisch etwas nachrüsten, um die Tonqualität meiner Videos zu verbessern. Außerdem habe ich noch einige Ideen für Videos…
Reiss Engehorn Museum und Massenabmahnungen
Extreme Negativschlagzeilen machte Anfang Juli die „Reiss Engelhorn Institution“ die von sich selbst behauptet ein Museum zu sein. Sie strengte eine Urheberrechtsklage gegen Wikipedia an und verschickte Massenabmahnungen gegen dutzende kleine Webportale, Darunter ein klassisches Musikportal für kleine Kinder. Hintergrund war ein Portrait von Richard Wagner, an dem das Reiss Engelhorn Museum die Urheberrechte beansprucht, das jedoch bis zu diesem Januar nach gängiger Rechtsprechung als „gemeinfrei“ galt.
Die Wikipedia hat den Fall mittlerweile vor Gericht gebracht und angekündigt, ihn durch die Instanzen klagen, um Rechtssicherheit herzustellen. Falls das Reiss Engelhorn Museum sich mit seiner Rechtsauffassung durchsetzt, könnten zehntausende Journalisten, Blogger, Autoren und Wissenschaftler faktisch keine Bilder von klassischen Gemälden mehr öffentlich zugänglich machen. Das wäre das Todesurteil für die Verbreitung von Kultur in Deutschland.
Braincamp und Barcamp Köln
Sehr spannende Vorträge und interessante Menschen durfte ich dieses Jahr wieder beim Braincamp und beim Barcamp Köln kennen lernen. Neben extrem informativen Vorträgen zu Web-, Marketing-, Digital- und Social Media Themen gab es hier viel Gelegenheit Kölns digitale Szene kennenzulernen und sich auszutauschen. Einer der anregendsten Diskussionen dieses Jahres hatte ich nach meinem Vortrag zu „Macht die Digitalisierung uns alle Arbeitslos?“ beim Braincamp. (Artikel auf Basis des Vortrags hier. Youtube Video vom Vortrag hier) Bei all den Teilnehmern dieser Diskussion möchte ich mich deswegen nochmals bedanken.
Und mein Artikel zu meinem Vortrag über Bildrechte und kostenlose Bildquellen vom Barcamp Köln war mein meist geklickter Artikel in diesem Jahr. Auf diesem Barcamp lernte ich auch die Mitglieder des WordPress Meetups kennen, wo ich seither einmal im Monat interessante technische Anregungen zur Blogsoftware WordPress bekomme. (mit der dieser Blog betrieben wird)
Gutefrage.net und Urheberrecht
Seit Anfang November beantworte ich Fragen zum Thema Urheberrecht auf gutefrage.net. Warum zu Urheberrecht und nicht zu Webdesign, Social Media, Journalismus, Schreiben, Politik, Geschichte, Philosophie, Religion, Literatur oder sonst einem Thema, mit dem ich mich auskenne? Ganz einfach. Weil im Bereich Urheberrecht der Aufklärungsbedarf offenkundig am größten ist. Und weil gerade hier Unwissenheit oder falsches Halbwissen zu katastrophalen finanziellen Folgen führen kann.
Lustigerweise waren meine Antworten dort so kompetent, dass ich zwischenzeitlich sogar für den Mitarbeiter einer Anwalts-Kanzlei gehalten wurde. Meine Tätigkeit dort hat sich auch auf den Blog ausgewirkt. Denn ich bin dazu übergegangen zu sehr häufig gestellten Fragen Blog-Artikel zu schreiben, und diese in den Antworten zu verlinken. Ich weiß noch nicht, ob ich das fortsetzen werde, oder ob ich mir langfristig einen zweiten Blog für Urheberrechtsfragen zulegen will.
Fazit und Ausblick
Normalerweise ist der Jahreswechsel für überzogene Pläne und Vorsätze da. Mit der Zeit gewinnt man ja aber doch so etwas wie Lebenserfahrung. Deswegen möchte ich das neue Jahr stattdessen zum Anlass nehmen mich von einigen Plänen zu verabschieden.
Im letzten Januar war ich wie immer voller Enthusiasmus und neuer Ideen für den Blog. Drei neue Kategorien Philosophie, Geschichte und Politik sind dazu gekommen. Und ich hatte den festen Plan dieses mal „wirklich“ alle von ihnen regelmäßig zu bespielen. Was daraus geworden ist, haben regelmäßige Leser sicherlich bemerkt. Mehr als ein oder zwei Themen regelmäßig zu beackern ist wohl doch etwas zu ambitioniert für eine Person.
Besonders, da auch dieses Jahr meine “ regelmäßigen“ Gastautoren doch nicht ganz so regelmäßige Beiträge abliefern konnten, wie sie es sich vorgenommen hatten. Grund genug einen Schlussstrich zu ziehen und dem Blog ab Januar nächsten Jahres eine thematische Fokussierung zu verpassen. Ab Januar fallen die Kategorien Literatur, Philosophie, Politik und Religion ersatzlos weg.
Irgendwann Mitte des Jahres hatte ich einmal die Idee Utopian Reflections komplett umzukrempeln und statt tiefer gehenden Analysen einen wöchentlichen Rückblick auf wichtige Themen zu produzieren. Wie ich mir leicht hätte denken können, fand dieses neue Format wenig Gefallen bei meinen Lesern. Weswegen ich zum guten alten Grundsatzkommentar zurück kehre.
Ich fokussiere mich im Blog dann darauf, was ich ursprünglich hier tun wollte: Die Auswirkungen von Digitalisierung und Technologie auf unsere Gesellschaft analysieren.
Meinen Lesern wünsche ich ein frohes neues Jahr. Und wir sehen uns im Januar.