Exkurs: Probleme des Empirismus

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Der Empirismus ist heute die wohl am meisten verbreitetste Erkenntnistheorie. (Das heißt Theorie darüber, was Wissen, Wahrheit und Erkenntnis ist, und wie sie zu Stande kommt) Viele Menschen vertreten empiristische Positionen, ohne sich darüber im Klaren zu sein. Nach empiristischem Verständnis findet Wissenssuche folgendermaßen statt: Zunächst wird eine Hypothese aufgestellt (in Übereinstimmung mit anderen bereits erwiesenen Lehrsätzen), die sodann durch Experimente überprüft und als richtig oder falsch erwiesen wird.

Portrait von David Hume

David Hume, der wohl berühmteste Philosoph der Schottischen Aufklärung

Der schottische Philosoph David Hume (1711-1776) äußerte, obgleich selbst als Empirist bezeichnet, sehr grundlegende Kritik an der empirischen Vorgehensweise:

Wer aus empirischen Beobachtungen allgemeine Phänomene und Thesen ableitet, der begeht streng genommen einen sogenannten „Induktionsschluss“. Das bedeutet: Er folgert aus den beobachteten konkreten Fällen, dass es sich immer so verhalten müsse, wie er es beobachtet hat. Dafür gibt es streng genommen aber überhaupt keinerlei logische Begründung.

Beobachtet man etwa, dass ein junger Mann mehrere Tage lang, immer zur gleichen Uhrzeit an der Bushaltestelle steht, so kann man daraus nicht zwangsläufig ableiten, dass er auch am darauf folgenden Tag dort stehen wird. Was in diesem Beispiel intuitiv klar ist, gilt formal logisch auch für physikalische Experimente. Denn wer kann garantieren, dass die physikalischen Gesetze in genau gleicher Form wie zuvor am morgigen Tag noch gelten werden?

Empirismus und Zirkelschlüsse

Darüber hinaus hat der Empirismus ein methodisches Problem. Fragt man einen Empiristen, etwa einen Physiker oder sonstigen Naturwissenschaftler, warum der Empirismus richtig sei, so würde er antworten: „Sehr viele Hypothesen wurden nach unserer Methode schon durch Experimente überprüft und damit als richtig erwiesen. Der Empirismus führt also zu vielen neuen Erkenntnissen.“

Damit obliegt der Empirist gleich zwei Zirkelschlüssen:

1. Er geht inhaltlich davon aus, dass die Ergebnisse richtig sind, die unter Anwendung der empiristischen Methode erzielt wurden. Dass sie richtig sind, wird dabei durch die korrekte empiristische Durchführung von Experimenten begründet. Dass die empiristische Methode aber automatisch zu richtigen und „wahren“ Ergebnissen führt, ist ja genau das, was durch die Frage in Zweifel steht. Um zu begründen, dass der Empirismus korrekt ist, nimmt der Empiriker also an, dass der Empirismus korrekt ist.

2. Zweitens wendet der Empiriker in dieser Antwort den Empirismus formal an. Denn er schließt daraus, dass die empiristische Methode in verschiedenen Einzelfällen richtige Ergebnisse erbracht hat, dass sie generell immer richtige Ergebnisse erbringen muss. Auch dies ist jedoch ein Zirkelschluss. Denn ob die empiristische Methode korrekt ist, und damit überhaupt angewendet werden sollte, ist ja gerade fraglich, und wird dennoch für die Antwort bereits vorausgesetzt.

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About ThomasMorus1478

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