Irland billigt die Homehe. Zum ersten Mal in der Weltgeschichte hat eine Bevölkerung per Volksabstimmung die Ehe für Homosexuelle in ihrer Verfassung verankert. Weshalb die katholische Kirche ihren Widerstand gegen gleichgeschlechtliche Ehen nun endlich aufgeben sollte.
Irland als Land ist so katholisch, wie es nur sein kann. Seine Geschichte ist mit der des Katholizismus eng verwoben. Bereits im 5. Jh. begann die weitgehend friedliche Christianisierung der Insel. Eine reiche und vielfältige Klosterlandschaft entstand, die bald prägend für die Bekehrung von ganz Europa werden sollte. 84% aller Iren gehören statistisch dem katholischen Bekenntnis an. Doch seit Freitag klafft in der Beziehung des Landes mit der katholischen Kirche eine tiefe Wunde: 62% der Iren stimmten für eine Verfassungsänderung, die Homosexuellen den Bund der Ehe gestattet. Bis zuletzt hatten katholische Gruppen gegen die Zeitenwende gekämpft. Zu Unrecht. Die katholische Kirche sollte ihren Widerstand gegen die Ehe Homosexueller aufgeben.
Kein Einzelfall
Die offizielle Position der katholischen Kirche unterscheidet zwischen homosexuellen Neigungen (diese gebe es, und können durchaus angeboren sein) und homosexueller Praxis. Während erstere an sich keine Sünde darstellen, macht ein katholischer Christ sich schuldig, wenn er seine Homosexualität auslebt. So steht es unter anderem in der Erklärung Persona Humana zu einigen Fragen der Sexualethik, vom 29. Dezember 1975. Leider wird diese Position unter den meisten Gläubigen nicht mehr geteilt.
In den katholischen Ländern Belgien, Spanien und Luxemburg hat der Staat die Ehe bereits für homosexuelle Paare geöffnet. In all diesen Ländern geschah dies im Einvernehmen mit der Bevölkerung. In Brasilien und den Niederländen existieren Studien, wonach der katholische Klerus mehrheitlich die offizielle Position der Kirche ablehnt und homosexuelle Ehen beführwortet.
ZdK für homosexuelle Ehe
In Deutschland kam es am 9. Mai diesen Jahres zu einem beispiellosen Akt. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken verabschiedete auf ihrer Vollversammlung in Würzburg einstimmig die Erklärung „Zwischen Lehre und Lebenswelt Brücken bauen – Familie und Kirche in der Welt von heute“. (Zum Text mit Downloadmöglichkeit) Darin fordert das höchste Laiengremium der katholischen Kirche die Einführung einer „Segnung“ als Ergänzung zum Eheschluss. Diese „Segnung“ soll sowohl für homosexuelle Paare als auch für wiederverheiratete Geschiedene zugänglich sein. Der entsprechende Passus wurde vom Vorsitzenden des deutschen katholischen Jugendverbands, Wolfgang Ehrenlechner erst in der letzten Verhandlungsrunde durchgesetzt. Jedoch trugen alle Anwesenden die Erklärung mit:
Im ZdK sind Vertreter aller wichtigen katholischen Gruppen des Landes vertreten. Abgeordnete der Diozesanräte der 27 deutschen Bistümer, Vertreter katholischer Studentenverbindungen, von Wohlfahrtsverbänden, von Jugendverbände und Hilfswerken. Darüber hinaus sind im ZdK Personen aus Politik und Gesellschaft organisiert: Z.B. der ZdK-Vorsitzende und ehemalige bayrische Landtagspräsident Alois Glück (CSU), die amtierende Ministerpräsidentin des Saarlands Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), der Ministerpräsident von Baden Württemberg Winfried Kretschmann (Grüne), der ehemalige Ministerpräsident von Thüringen Dieter Althaus (CDU), die Stellvertretende Regierungschefin von Nordrheinwestfalen Sylvia Löhrmann (Grüne) und NRW-Landeschef und stellvertretender Partei-Bundesvorsitzender Armin Laschet (CDU). Sie alle sind offenbar der Ansicht, dass die Lehre der katholischen Kirche an die Realitäten der Gegenwart angepasst werden muss.
Bischof Stefan Oster von Passau startete einen Aufruf gegen die ZdK-Petition bei Facebook. Dieser schlossen sich 6 weitere Bischöfe an. (5 davon ebenfalls aus dem als konservativ geltenden Bayern) Und auch der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz Reinhard Marx, Bischof von München kritisierte die Erklärung. Hierin wird jedoch nicht die Einheit sondern die Zerrissenheit der Katholischen Kirche deutlich. Offenbar vertreten Amtskirche und Klerus diametral andere Werte und Positionen, als die Laien in ihrer Kirche. Diese Debatte zwischen den Konfliktparteien muss nun geführt werden, auf der kommenden Familiensynode und darüber hinaus. Sicherlich kann man sie nicht einfach mit Verweis auf die bisherige Kirchenpraxis abtun.
Gleiches Recht für alle
Homosexuelle und wiederverheiratete Geschiedene haben in Deutschland nicht selten Kirchen- und Gemeindeleben mitgetragen. Sie haben sich in kirchlichen Institutionen engagiert, Gottesdienste und Gemeindeveranstaltungen mitgetragen. Nach ihrem Coming Out oder ihrer Scheidung entfernen sich die meisten aus dem kirchlichen Leben. Sie treten nicht offiziell aus der Kirche aus, entfernen sich aber geistig und bleiben den kirchlichen Sakramenten fern. Die katholische Kirche erkennt an, dass Ehen scheitern können, und dass homosexuelle Neigungen ohne eigenes Zutun entstehen. Mit welchem Recht werden Homosexuelle und wiederverheiratete Geschiedene also ausgeschlossen?
Die katholische Kirche täte gut daran ihre Haltung zu homosexuellen Ehen grundsätzlich zu überdenken. Auf der kommenden Familien Synode und darüber hinaus…